Der Nationalpark - 111 Jahre langer Kampf um unversehrtes Dasein

Keystone-SDA
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Engadin,

Der Schweizerische Nationalpark im Engadin feiert am 1. August sein 111-jähriges Bestehen.

Wildtiere
Im einzigen Nationalpark der Schweiz dürfen weder Wege verlassen, Blumen gepflückt, Wiesen gemäht, Tiere getötet noch Bäume gefällt werden. - keystone

Trotz strenger Schutzvorschriften ist der Park mit Herausforderungen konfrontiert, um die Unversehrtheit dieses Naturjuwels zu bewahren. Er wurde als erstes Schweizer Gebiet auf die «Grüne Liste» der Weltnaturschutzunion (International Union for Conservation of Nature, IUCN) gesetzt und gehört somit zu einem der bestgeschützten Nationalparks der Welt.

Dennoch bereiten Umweltbelastungen durch ausgetretene Schadstoffe und der Umgang mit der dort ansässigen Wolfspopulation Sorgen.

Im einzigen Nationalpark der Schweiz dürfen weder Wege verlassen, Blumen gepflückt, Wiesen gemäht, Tiere getötet noch Bäume gefällt werden. Die Natur ist sich selbst überlassen, und es darf nichts an ihr verändert werden.

Doch so streng die Schutzbestimmungen auch sein mögen. Im vergangenen Jahr mussten die Parkbetreibenden hinnehmen, dass das ansässige Wolfsrudel von den Behörden ausserhalb des Parks getötet wurde. Bis heute ist strittig, ob die Risse zweier Rinder tatsächlich auf das Rudel zurückzuführen sind.

Und bis heute kritisiert der Schweizerische Nationalpark (SNP) die Tötung des kompletten Rudels, auch wenn er stets die Haltung vertrat, dass für eine Koexistenz zwischen Mensch und Wolf schadenstiftende Tiere erlegt werden dürfen.

Die wohl grösste Katastrophe im Nationalpark ereignete sich aber vor acht Jahren. Bei einem Betriebsunfall der Engadiner Kraftwerke im September 2016 war bei Sanierungsarbeiten an der Mauer des Livignostausees der Giftstoff PCB in den Nationalpark-Fluss Spöl gelangt.

Bei einer Untersuchung von am Spöl brütenden Singvögeln konnte der SNP 2024 immer noch eine bis zu 800-fache Überschreitung des krebserregenden PCB nachweisen, wie er in seinem Jahresbericht schrieb. 2026 soll der Fluss nach jahrelangen Diskussionen umfangreich saniert werden, dazu gehört auch die Umsiedlung von 12'000 Fischen.

Rund 87'800 Besucher strömen jedes Jahr in den Nationalpark

Der Nutzung des Spöls durch die Kraftwerke stimmte die Schweizer Bevölkerung 1957 nach einem kontroversen Abstimmungskampf zu. «Dies veränderte das ökologische System des Spöls nachhaltig», schreibt der SNP auf seiner Webseite dazu.

Trotz eines jahrelangen Entstehungsprozesses des Nationalparks hatten die Menschen 1914 kaum Zeit, sich über dessen Eröffnung zu freuen. Andere Sorgen prägten die Gesellschaft: Zu jener Zeit war die allgemeine Mobilmachung in der Schweiz auf den 3. August anlässlich des Ersten Weltkrieges ein dominantes Thema.

Europäisches Säbelrasseln übertönte die Einweihung des Schweizerischen Nationalparks, wie ein Blick in die damalige Bündner Presse zeigt. Die Bündner Blätter berichteten am 1. August 1914 über den Beginn des «Österreichisch-serbischen Kriegs» – und nicht über den Nationalpark.

Heute strömen jedes Jahr rund 87'800 Besucherinnen und Besucher in den Nationalpark, der mit 170 Quadratkilometern etwa so gross ist wie das Fürstentum Liechtenstein. Der Umsatz lag 2024 bei über sechs Millionen Franken, wie dem Geschäftsbericht zu entnehmen ist.

Der Park ist aber nicht nur Ziel für Besucherinnen und Besucher, eine zentrale Aufgabe ist die Forschung. Dieser Auftrag ist auch im Nationalparkgesetz von 1980 entsprechend festgehalten.

Jüngst installierten beispielsweise Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne neun Kamerafallen im Gelände, um das Verhalten der ungestörten Tiere mithilfe von künstlicher Intelligenz zu analysieren.

Weiter werden im Nationalpark unter anderem die Auswirkungen des Klimawandels, Biodiversität, regionale Entwicklung und Wertschöpfung und weitere Felder erforscht, sowie Monitorings durchgeführt. Die Datenreihen des Parks reichen bis 1917 zurück und sollen helfen, komplexe Prozesse in der Entwicklung der Natur zu verstehen.

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