HC Davos – Tino Kessler: «Haben Potenzial, um Meister zu werden»

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Prättigau,

Am Freitag beginnen für Tino Kessler und den HC Davos die Playoffs. In der Viertelfinal-Serie treffen die Bündner auf den EVZ.

Tino Kessler HC Davos
Tino Kessler ist seit dieser Saison zurück beim HC Davos. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Tino Kessler ist seit dieser Saison zurück beim HC Davos.
  • Am Freitag startet der 28-Jährige mit dem HCD in die Viertelfinal-Serie gegen den EVZ.
  • Verfolgen wird die Spiele auch sein Grossvater (80) – und das sogar auf den Stehplätzen.
  • Kesslers Ziele mit dem HCD sind klar: «Meister werden! Wir haben das Potenzial.»

Dass Tino Kessler nach seiner Rückkehr nach Davos nicht mitten in der Kleinstadt, sondern ausserhalb im Dörfchen Clavadel Richtung Sertig wohnt, überrascht nicht. Ruhig möge er es, sagte Kessler bereits vor Jahren, als er erst gerade dran war, sich als junger Stammspie­ler seines HCD zu etablieren.

Der Zusammen­hang zu seiner Herkunft ist schnell ersichtlich: Kessler wuchs in Maria und Pusserein auf, kleine Örtchen hoch oberhalb von Schiers im Prättigau, jenem Tal, das Reisende aus dem Unterland passieren, bevor sie das Land­wassertal und Davos erreichen.

Unbekannt ist die Gegend dennoch nicht, im Gegenteil: In der Nähe von Pusserein ist die Salgina­tobelbrücke und damit das einzige Welt­monument in der Schweiz.

Das Prättigau ist HCD-Land, der Rekordmeister wurde darum auch zu Kesslers Klub. Bis zu seinem 24. Lebensjahr spielte er für Davos, nach vier Saisons beim EHC Biel ist er nun zurück.

Tino Kessler HC Davos
Tino Kessler spielt wieder für den HC Davos. - keystone

Als Junior war Kessler ein Skorer. In seiner letzten U20-Saison schoss Kessler in 22 Spielen 19 Tore, er hatte zudem den besten Punkteschnitt der Liga.

Auf Platz 2? Ein gewisser Nico Hischier! Der Walliser, der eine Saison später in der NHL zum ersten Schweizer Nummer-1-Draft wurde, ist knapp drei Jahre jünger als Kessler, der Vergleich darum unsinnig. Dennoch zaubert dieser Fakt ein Lächeln auf die Lippen des Bündners.

Er erinnert sich gerne an diese spezielle letzte Juniorensaison, weil vieles ungewöhnlich war. Rund ein Dutzend der Spieler wurde Stammkraft in den beiden höchsten Ligen. Und mit Trainer Anders Olsson entwickelte sich eine für Kessler spezielle Beziehung, die auch später seine Karriere noch prägen sollte.

Nico Hischier
Tino Kessler hatte als Junior einst den besseren Punkteschnitt als Superstar Nico Hischier. - keystone

«Anders wollte uns spielerisch weiterentwickeln», sagt Kessler. Dies geschah auch auf Kosten der Resultate der Mannschaft. «Doch wenn man schaut, wie viele es von uns danach schafften, dann zeigt dies, dass etwas richtig gemacht wurde.»

Doch als Kessler danach in die 1. Mannschaft wechselte, fand er sich in der für junge Debütanten typischen Rolle wieder: Er sollte ein Energiespieler sein. Nicht, dass ihn dies per se stören würde: «Natürlich kann ich auch diese Rolle spielen.»

Immerhin waren nebst Andres Ambühl vor allem die Wieser-Brüder Dino und Marc seine grossen Vorbilder gewesen. Und die beiden Prättigauer brachen bei ihrem NLA-Debüt als Forechecking-Monster in die Liga ein. In dieser Rolle fand sich Kessler aber nicht als jener Spieler wieder, der er sein wollte.

Die Vergleiche, die folgten, hätten ihm nicht gutgetan, sagt Kessler: «Der nächste Wieser, der nächste Büeli, der nächste dies oder das. All das war nie mein Ziel. Und ich brauchte Zeit, bis ich meinen eigenen Stil finden und dabei auch wirklich meinen eigenen Fähigkei­ ten vertrauen und nicht nur andere kopieren konnte.»

In sportlicher Sackgasse beim HC Davos

Es brauchte vor allem einen Wechsel zu einem anderen Klub. Und hier kam wieder sein früherer Juniorentrainer ins Spiel.

«Als Anders den HCD verliess und zu Biel wech­selte, versprach er, dass er mich irgendwann zum EHC holen würde», erzählt Kessler. «Und dies löste er auch ein.» Kessler war in Davos mittlerweile in eine sportliche Sackgasse ge­raten, diverse Verletzungen halfen auch nicht.

Zwei Saisons hintereinander wurde er kurz in die Swiss League nach Biasca und damit einem der eishockeytechnisch gesehen tristesten Orte ausgeliehen. Olsson, in Biel als Assistenztrainer tätig, empfahl den Bündner Antti Törmänen, und so wurde Kessler in seinem letzten Vertragsjahr beim HCD ins Berner Seeland ausgeliehen. «Unter Antti gefiel es mir sofort», erzählt Kessler, «und ich unterschrieb für die nächste Saison fix in Biel.»

Tino Kessler HC Davos
Tino Kessler während seiner Zeit beim EHC Biel. - keystone

Das Happy End dieser Geschichte in Biel schrieb Kessler danach aber nicht sofort. Törmänen fiel für die erste Saison wegen ei­ner Krebserkrankung komplett aus, Lars Leuenberger sprang ein. Und dieser sah in Kessler den Energiespieler für die hinteren Linien.

Dass Törmänen dennoch hin und wie­der in die Eishalle kam, half Kessler: «Er sagte mir, dass ich wissen muss, welcher Spieler ich bin und welche Qualitäten ich habe. Das tat mir sehr gut.» Als der Finne, wieder geheilt, in der Folgesaison an die Bande zurückkehrte, erhielt Kessler eine neue Rolle.

Es war wie damals bei den Junioren: Er spielte im Power­play, er durfte jene kreative Offensivkraft sein, als die er sich selber sah. «Unter Antti ent­wickelte ich mich extrem weiter», sagt Kessler.

Nach Olssons Abgang aus Biel wurde der Kali­fornier Oliver David Törmänens neuer Assis­ tent. Der Amerikaner erinnert sich an Kessler als Spieler, «der stets ein Lächeln im Gesicht hatte und sehr interessiert war, sowohl am Eishockey, als auch an mir als Person.» Ja, er suche stets nach Wegen, ein besserer Spieler zu sein, bestätigt Kessler.

«Und Oliver ist ein interessanter Mensch, sehr offen, fröhlich und begeisterungsfähig. Ich hörte gerne zu, was er über seine Lebenserfahrung zu erzählen hatte. Auch, weil Kalifornien und die Kultur dieses US-­Staats mich generell interessiert.»

«Ich brauchte das, um mich entwickeln zu kön­nen»

Kessler betont mehrfach die Dankbarkeit ge­genüber Biel und dem EHC. Auch als Mensch habe es gutgetan, seine Heimat für ein paar Jahre verlassen zu können, sagt Kessler: «Zuhause wird man immer auch in ein Muster gepresst. In Biel kannte das Prättigau nie­ mand, ich konnte dort ich selbst sein. Ich brauchte das, um mich entwickeln zu kön­nen.»

Biel habe ihm diese Möglichkeit ge­geben, es sei der ideale Ort gewesen für einen jungen Spieler wie ihn: «Die ganze Region, all die lieben Menschen, sie liegen mir immer noch am Herzen.»

Tino Kessler HC Davos
Tino Kessler sagt über die Ziele mit dem HC Davos: «Meister werden! Wir haben das Potenzial.» - keystone

In Biel wurde Kessler zum ersten Mal Vater, im August 2023 kam sein Sohn auf die Welt. Vater zu werden, habe seine ganze Entwicklung, die er auch als Spieler durchmachte, unterstützt, sagt er: «Ich wurde selbstbewusster, ich kann noch mehr ich selbst sein.»

Es sei dieser Wert, dem er seinen Sohn vorleben will: «Auch er soll einst er selbst sein können.» Wie er als Vater sei? «Liebevoll», sagt Kessler und fügt lachend an: «Aber das müsste man vielleicht eher meine Ehefrau fragen.»

«Ich wusste, dass ich irgendwann zum HCD zurück wechseln werde»

Doch bei aller Liebe zu Biel: Ein Gedanke blieb Kessler im Seeland von Anfang an präsent: «Ich wusste, dass ich irgendwann zum HCD zurück wechseln werde. Dass es nun 2024 klappte, mag auch Zufall sein. Aber eine Rückkehr war für mich klar.»

Zurück in Davos, verpasste er den Saisonstart wegen einer Fussverletzung. Als er Mitte Oktober im erst zweiten Spiel nach Biel zurückkehrte und dort im ersten Shift sein erstes Saisontor erzielte, schrieb er auch für sich eine spezielle Geschichte.

Mit Biel kam er dem Traum vom Meistertitel nahe: Am 27. April 2023 verlor er mit dem EHC Spiel 7 des Finals in Genf.

Die Antwort auf seine Ziele in Davos folgt darum ohne Zögern: «Meister werden! Wir haben das Potenzial, wir müssen es nur noch umsetzen.»

Traust du dem HCD den Meistertitel zu?

In seinem Stammklub darf Kessler nun auch die gewünschte Rolle spielen. Josh Holden, sein Trainer, habe ihm vor der Saison folgende Erwartungen mitgeteilt: «Josh will, dass ich mein Spiel spiele, dass ich in der Offensive zur Qualität beitrage, dass wir viel mit dem Puck spielen, dass ich den Puck halten und Raum für andere schaffen kann.»

Seine Rolle ist neu, doch vieles ist für Kessler auch vertraut geblieben. Zum Beispiel sein mittlerweile fast 80-jähriger Grossvater, der die Spiele regelmässig auf den Stehplätzen verfolgt: «Ihm gefällt es, wenn gesungen wird und etwas läuft», erzählt Kessler, der ihn jeweils beim Verabschieden mit dem Team im Publikum inmitten der Kurve sieht.

Die HCD-Fans sind ihm generell wichtig, vor allem die Einheimischen, darum will Kessler auch diese Botschaft loswerden: «Wir müssen Sorge tragen zu ihnen. Sie müssen ein gutes Bild von uns haben, weil nur dann kommen sie auch ins Stadion

Auch Kessler weiss, dass mitten in der Saison an Dienstagen die Eishalle nicht immer so gut gefüllt ist wie anderswo. Und auch wenn die geografische Situation eine andere ist als für andere Teams, müsse dies das Ziel sein.

Was die Spieler tun können? «Unsere Körpersprache ist ebenfalls wichtig. Wir können damit Freude vermitteln, und Freude ist ansteckend.»

***

Hinweis: Dieser Artikel von Autor Kristian Kapp ist zuerst im Schweizer Hockey-Magazin «SLAPSHOT» erschienen.

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