Staatsverweigerin schreibt Thurgauer Gemeindepräsi zur Haft aus
Weinfelden 31.08.2024 - 09:08
Staatsverweigernde Personen gibt es auch in der Schweiz. Sie schreiben jetzt auch Personen zur Verhaftung aus – so etwa einen Gemeindepräsidenten.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Bürgerin will den Gemeindepräsidenten von Zihlschlacht-Sitterdorf TG verhaftet haben.
- Im Internet ist ein entsprechendes Dokument veröffentlicht.
- Der Präsident ist nicht das einzige Opfer – die Staatsverweigerer greifen auch andere an.
In der Thurgauer Gemeinde Zihlschlacht-Sitterdorf sorgt eine Staatsverweigerin für Aufsehen. Die Bürgerin hat es auf das Personal der Gemeinde abgesehen – und schickt ihnen Haftbefehle und Rechnungen.
Ein Blick auf die Website «We the People Switzerland» offenbart ein Dokument von fragwürdiger Gültigkeit: Es handelt sich um einen Haftbefehl gegen Christian Hinterberger, den Gemeindepräsidenten von Zihlschlacht-Sitterdorf.
Die Vorwürfe sind vielfältig: Amtsanmassung, Personenstandsfälschungen, Verwendung eines fiktiven Namens, Missachtung der Naturrechte und Missachtung der Menschenrechte.
Hinterberger zeigt sich unbeeindruckt: «Der Haftbefehl macht mir wenig Eindruck», sagt er gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». «Für mich war von Anfang an klar, dass er null Konsequenzen haben wird.» Er habe sich ein Lachen erst gar nicht verkneifen können.
Alliierte Weltraumstreitkräfte? Die soll es geben ...
Der Haftbefehl ist in Englisch verfasst und richtet sich an neun Personen oder Organisationen. Darunter befindet sich die kanadische Verschwörungstheoretikerin «Königin Romana Didulo», eine prominente kanadische Vertreterin der QAnon-Bewegung. Des Weiteren sind die «Global Special Forces» und die «Allied Special Forces» der «Switzerland-Nation» gelistet – und auch die «alliierten Weltraumstreitkräfte».
Nebst Gemeindepräsi Hinterberger müssten auch weitere Menschen verhaftet werden. So etwa der Leiter des Betreibungsamts in Weinfelden TG, ein Friedensrichter in Weinfelden und der Leiter des Steueramts. Zudem wird der Gemeindeschreiber von Zihlschlacht-Sitterdorf aufgeführt.
Gegen Dutzende weitere Personen gibt es auf der Webseite Haftbefehle.
Die Verfasserin des Haftbefehls gegen Hinterberger weigert sich gemäss der Zeitung gegen den Staat und seine Gesetze. Und gerät seit zwei Jahren dadurch immer wieder mit der Gemeinde aneinander. Sie ist nicht alleine mit ihrer Einstellung – doch sie geht einen Schritt weiter als andere Querulanten: Sie greift direkt Personen an.
Hinterberger findet die persönlichen Angriffe unangebracht, es sei «eine Grenzüberschreitung». Er ärgert sich besonders darüber, dass auch zwei Mitarbeiter der Gemeinde ins Visier der Staatsverweigerin geraten sind.
Frau fordert auch 100'000 Franken
Die Auseinandersetzung begann, als die betreffende Person sich bei der Gemeinde abmelden wollte, obwohl sie noch in Zihlschlacht-Sitterdorf wohnte. Sie wollte jedoch nicht auf Leistungen wie AHV oder Krankenkasse verzichten. Seitdem schickt sie jegliche Korrespondenz an die Gemeinde zurück – Abstimmungsbotschaften, Steuerrechnungen oder Mahnungen.
Hinterberger macht klar: «Wenn jemand die Steuerrechnung ignoriert, können wir das nicht einfach so hinnehmen.» Der Aufwand, «den dieses Verhalten von solchen Verweigerern auslöst, ist nicht zu unterschätzen».
Doch das Ganze gipfelt in Schadenersatzforderungen und Zahlungsbefehlen mit wirren Vorwürfen gegen Hinterberger und zwei Mitarbeitende der Gemeinde. Die höchste Forderung lag bei 100'000 Franken.
Die Gründe: Personenstandfälschung, Verwendung von fiktivem Namen und nicht legitimierte Handlungen. Hinterberger hofft auf eine engere Zusammenarbeit mit dem Kanton, um solche Situationen besser zu bewältigen.
Die Staatsverweigerer-Gruppe «We the People Switzerland» sieht die Schweiz als illegale und ausländische Firma. Steuern und Bussen müssten deshalb nicht bezahlt werden, so ihre Logik.
Der Bundesrat schrieb am Donnerstag, er wolle Aufschluss erhalten über die Aktivitäten von Staatsverweigerern und Staatsverweigerinnen in der Schweiz. Die Zahl dieser Menschen steige, es fehle jedoch ein umfassendes Bild der Lage.
