Walter Andreas Müller: «Bin dankbar für alles, was ich erleben darf»
Amriswil-Romanshorn 05.08.2024 - 03:07
Ab 7. August steht Walter Andreas Müller bei den Schlossfestspielen in Hagenwil wieder auf der Bühne. Mit Nau.ch schaut er auf seine 55-jährige Karriere zurück.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Rolle des Papstes fasziniert Walter Andreas Müller nach 175 Aufführungen noch immer.
- Die Schlossfestspiele Hagenwil bilden eine wunderschöne Kulisse für diese Komödie.
- Müller schaut mit Dankbarkeit auf seine 55-jährige Karriere zurück.
Zwischen November 2019 und Ende Juni 2022 spielte Walter Andreas Müller 175-mal den «Papst Albert IV.» in der Komödie «Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde».
Nun folgt die Fortsetzung: Einen Monat lang steht er mit diesem Stück auf der Bühne der Schlossfestspiele Hagenwil. Nau.ch hat den Schauspieler zu Hause besucht.
Nau.ch: Bald geht es los, Sie stehen für einen Monat wieder als Papst auf der Bühne – eine Rolle, die Ihnen offenbar auf den Leib geschrieben ist.
Walter Andreas Müller: Ja, erst einmal vom Alter her liege ich ja ideal drin, die Päpste sind ja meistens im Methusalem-Alter (lacht). Die Rolle ist vom Charakter und von der Geschichte her eine wahnsinnig spannende Herausforderung – es ist das Gesamtpaket, das mich heute immer noch unwahrscheinlich fasziniert.
In Hagenwil wird es aber eine neue Fassung geben, mit neuem Regisseur und neuem Cast in einer hochdeutschen Fassung.
Nau.ch: Würden Sie dem Papst gerne selber mal begegnen?
WAM: (Zögert) Ich bin nicht katholisch. Von dem her ist der Papst keine Persönlichkeit, die mich unwahrscheinlich positiv anspricht. Also da ist bei mir kein grosses Bedürfnis vorhanden.
Nau.ch: Ich spüre bei Ihnen eine unwahrscheinliche Vorfreude auf die Aufführungen.
WAM: Oh ja! Es ist eine wunderbare Komödie, die naturgemäss viel Humor hat, aber andererseits auch einen Tiefgang aufweist, den ich faszinierend finde. Ich darf eine Figur spielen, die unwahrscheinlich facettenreich ist – und es ist eine grossartige Rolle für mich als Schauspieler.
WAM: Lebenswerk erfüllt mich mit Stolz
Nau.ch: Seit 55 Jahren stehen Sie auf der Bühne, Sie haben vor Kurzem den Ehren-Prix-Walo für Ihr Lebenswerk erhalten. Was geht Ihnen dabei durch den Kopf?
WAM: Grundsätzlich versuche ich immer, meine Arbeit gut zu machen. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich etwas Wahnsinniges erreicht habe – jetzt wirke ich wohl als Tiefstapler (lacht).
Andererseits: Wenn ich sehe, dass ich 55 Jahre den Menschen Freude bereiten durfte und vieles erreicht habe, dieses Gefühl geht schon sehr tief.
Gerade beim Prix Walo, als ein Zusammenschnitt meiner Tätigkeiten gezeigt wurde, da ist mir bewusst geworden, was da alles in meinem Leben zusammengekommen ist, und es erfüllte mich auch mit Stolz.
Nau.ch: Sie werden nächstes Jahr 80. Löst das bei Ihnen auch eine Angst aus, dass die Karriere dem Ende zugeht?
WAM: Ich bin wahnsinnig glücklich und dankbar, dass ich immer noch gesund und «zwäg» bin. Ich bin mir aber auch bewusst, das kann sich von einem Moment zum anderen ändern. Ich bin an einem Punkt in meinem Leben, wo ich gelernt habe, jeden einzelnen Tag zu geniessen.
Irgendwann wird die Karriere von allein aufhören. Und wenn ich spüre, dass der Geist oder der Körper nicht mehr mitmacht, dann werde ich automatisch sagen: «So, das wars.»
Kommt noch die ersehnte Filmrolle?
Nau.ch: Sie haben in einem Gespräch mal gesagt, dass Dankbarkeit einen wichtigen Platz in Ihrem Leben einnimmt.
WAM: Das stimmt. Das habe ich in den Genen mitbekommen. Ich stamme aus einer Familie, die viel arbeiten musste, und das hat mich geprägt und demütig gemacht. Ich bin jemand, der eine ungeheure Dankbarkeit spürt, und der jeden Tag ins Universum schaut und sagt: «Danke vielmals für alles, was ich erleben darf.»
Nau.ch: Etwas in Ihrer Karriere fehlt aber noch: Eine bedeutende Rolle in einem Kinofilm...
WAM: Ja, tatsächlich, die ist noch nicht gekommen. Jürg Schneider und Stephanie Glaser mussten auch 80 werden, bis sie eine schöne Filmrolle erhielten. Lange hat es mich «gewurmt», dass die Kino-Rolle nicht gekommen ist.
Ich war sogar ein wenig eifersüchtig auf die diejenigen, die Filmrollen hatten, und habe mich gefragt, wieso kann der das und ich nicht. Heute schaue ich das ganze viel gelassener an – aber freuen würde ich mich schon, wenn die Rolle noch käme.