«Ausbeutung»: Heftige Vorwürfe gegenüber Obstbetrieb im Thurgau

Italienische Saisonangestellte eines Thurgauer Obstbetriebs beschweren sich über «sehr schlechte Arbeitsbedingungen». Nun will der Verband aktiv werden.
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Das Wichtigste in Kürze
- Saisonangestellte in einem Thurgauer Obstbetrieb motzen über schlechte Arbeitsbedingungen.
- Die italienischen Mitarbeitenden werfen Rassismus und Arbeitsungerechtigkeit vor.
- Die Behörden wissen nichts von diesem Fall – nun wird der Thurgauer Obstverband aktiv.
Scharfe Worte gegen einen Obstbetrieb im Thurgau: In einem Instagram-Video der Gewerkschaft «FAU» wird von «sehr schlechten Arbeitsbedingungen» gesprochen. Und die Bedingungen seien «immer schlimmer» geworden.
Die italienischen Saisonangestellten, die im Betrieb Äpfel sortieren, kommen seit fünf Jahren zum Arbeiten in die Schweiz. Während ihren 54-Stunden-Wochen seien beispielsweise Pausen nicht erlaubt.
«Wir haben keine Möglichkeit, uns für eine Sekunde hinzusetzen und auszuruhen», sagt eine Saisonarbeiterin.
Rassismus und Arbeitsungerechtigkeit im Agrarsektor
Weiter stellen sie den Landwirtschaftsbetrieb wegen Rassismus und Arbeitsungerechtigkeit an den Pranger. Um welchen Betrieb es sich konkret handelt, wird nicht erwähnt.
So gebe es Rassismus beim Lohn, welcher je nach Nationalität völlig unterschiedlich sei. «Wir bekommen einen Lohn von etwa 13 Franken pro Stunde», so der italienische Angestellte.
Arbeitende aus osteuropäischen Ländern wie Rumänien oder der Ukraine hingegen würden nur rund die Hälfte verdienen. Und das für die gleiche Arbeit.
«Für uns ist die Situation absurd und inakzeptabel.» Daher fordern sie den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit – unabhängig von Nationalität, Geschlecht oder Arbeitsbereich.
«Würde unserer Mitarbeitenden muss an erster Stelle stehen»
Gegenüber dem Regionalsender «TVO» nimmt Ralph Gilg, Präsident des Thurgauer Obstverbandes, Stellung und sagt: «Die Würde unserer Mitarbeitenden muss an erster Stelle stehen.» Es sei wichtig, dass die Angestellten motiviert seien.
Denn: «Nur motivierte Mitarbeitende können auch Höchstleistungen erbringen.»
Es mache daher keinen Sinn, Angestellte schlecht zu bezahlen und ihnen keine Pausen zu gönnen.
Und die Regeln sind eigentlich klar. Thomas Geiser, emeritierter Professor für Recht an der HSG, bestätigt gegenüber dem Sender: «Einerseits müssen die Betriebe die ganzen ausländerrechtlichen Bestimmungen einhalten.»
Andererseits seien sie auch verpflichtet, die Bestimmungen des Obligationenrechts und des normalen Arbeitsvertrags einzuhalten.
Die «Unia» fordert Gesamtarbeitsvertrag
Für die «Unia» hingegen ist klar: «Es braucht generell einen Gesamtarbeitsvertrag in der Landwirtschaftsbranche für die ganze Schweiz.» So Danijela Dragicevic der «Unia Ostschweiz».

Laut «TVO» wissen die offiziellen Behörden derzeit noch nichts von diesem konkreten Fall. Eine Beschwerde sei beim Amt für Arbeit bisher keine eingegangen. Daher sei es im Moment nicht möglich, diesen Fall genauer zu untersuchen.
Der Thurgauer Obstverband wolle nun selbst aktiv werden und herausfinden, um welchen Betrieb es sich tatsächlich handelt.