Majorin erhält von der Armee kaum Geld – weil sie Hausfrau ist!

Stephan Felder
Stephan Felder

Rorschach,

Majorin Tamara Rancetti engagiert sich für Frauen in der Armee – doch sie stösst auf finanzielle Hürden. Ein FDP-Politiker fordert nun Anpassungen.

Frau Armee
Hausfrauen sind in der Armee Arbeitslosen gleichgestellt. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Tamara Rancetti setzt sich für Frauenförderung in der Schweizer Armee ein.
  • Rancetti erhält nur 138 Franken pro Diensttag – trotz leitender Militärrolle.
  • Die FDP fordert Reformen zur Verbesserung der finanziellen Anreize für Frauen im Militär.

Tamara Rancetti, eine 39-jährige Majorin aus Goldach SG, ist seit fast 1000 Diensttagen in der Schweizer Armee aktiv.

Einst aus «pubertärem Kurzschluss» in die Armee eingetreten, koordiniert sie heute Truppen und plant Übungen.

Als Verantwortliche für Frauenförderung in der Armee setzt sie sich dafür ein, mehr Frauen für den Militärdienst zu gewinnen.

Hausfrauen fallen finanziell durch die Maschen

Doch gerade in finanziellen Belangen trifft sie auf Widerstand. Und dieser betrifft sie auch persönlich.

Denn als zweifache Mutter, die sich hauptsächlich um Haushalt und Kinderbetreuung kümmert, fällt sie finanziell durch die Maschen.

Im Militär gilt: Wer einen Job hat, erhält während des Diensts mindestens 80 Prozent des Lohns.

Im «St. Galler Tagblatt» erklärt sie: «Doch als Hausfrau werde ich von den Behörden gleich behandelt wie jemand, der arbeitslos ist.»

Die Erwerbsersatzordnung (EO) gewährt Rancetti 138 Franken pro Diensttag, inklusive Kinderzulagen. Das ist derselbe Satz, wie ihn Studenten in der RS erhalten. Und massiv weniger, als eine angestellte Person mit regulärem Lohn bekommt.

Mehr gibt es nur während Ausbildungskursen. Zusätzliche Entschädigungen für die Kinderbetreuung gibt es erst ab zwei zusammenhängenden Diensttagen.

Soll die Militärdienstpflicht in der Schweiz auch für Frauen gelten?

Rancetti betont, dass ihre Familie gut über die Runden käme. Ihr gehe es um die Signalwirkung: «Ich mache den gleichen Job wie meine Kollegen im Büro, arbeite oft von 7 bis 22 Uhr – verdiene aber einen Hungerlohn.»

Ihr Fall ist keine Ausnahme. Viele Frauen in der Armee sind von der gleichen Problematik betroffen.

Der Vorstoss von FDP-Nationalrat Dobler

FDP-Nationalrat Marcel Dobler fordert eine Reform des Systems: «Wenn man Frauen in der Armee ernsthaft fördern will, müssen solche negativen Anreize aus dem Weg geschafft werden.»

In einem Vorstoss verlangt er Erklärungen vom Bundesrat sowie eine Kostenaufstellung für eine Anpassung.

Ein weiteres Problem: Die Armee bietet über den Sozialdienst Hilfe an, etwa bei Kinderbetreuungskosten. Viele wissen aber nicht, dass es diese Unterstützung gibt. «Ich habe das selber erst kürzlich herausgefunden», sagt Rancetti.

Marcel Dobler
FDP-Nationalrat Marcel Dobler. - keystone

Dobler fordert deshalb, dass die Bundesverwaltung diese Angebote bekannter macht: «Es kann nicht sein, dass es all diese Merkblätter gibt, aber niemand davon weiss.»

Die Höhe des Erwerbsersatzes liegt nicht in der Hand der Armee, sondern beim Bundesamt für Sozialversicherungen.

Ein Sprecher erklärt: «Die EO ist keine Lohnzahlung, sondern eine Entschädigung für Lohnausfall.» Eine Anpassung nach militärischem Rang würde gegen den Verfassungsauftrag verstossen.

Als Abgeltung gibt es den Sold – doch dieser ist eher symbolischer Natur. Ein Rekrut erhält sechs Franken pro Tag, Majorin Rancetti 26 Franken.

Sollten (Haus-)Frauen im Militär finanziell besser aufgestellt sein?

Rancetti absolviert pro Jahr rund 15 Tage Militärdienst, dieses Jahr kommen fünf Wochen Ausbildungsdienst hinzu. In dieser Zeit übernehmen ihr Mann, die Grosseltern und Bekannte die Kinderbetreuung.

Rancettis Kampf um bessere Bedingungen geht weiter

Die Ostschweizerin ist ernüchtert, was die Frauenförderung in der Armee betrifft. «Ich habe mir ehrlich gesagt mehr erhofft.» Dennoch bleibt sie für ihren Dienst in der Armee motiviert: «Ich will noch lange weitermachen.»

Ihr Ziel: Frauen im Militär sollen nicht mehr auffallen – und eine Militärkarriere soll auch für ihre Töchter eine echte Option sein.

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